Prof. Dr. Mechthild Isenmann (Jahrgang 1961), Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Baugeschichte in Bonn und Köln. Abschluss (Magister Artium) und Promotion an der RWTH Aachen. Anschließend wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Lehrstühlen für mittelalterliche Geschichte in Aachen und in Köln. 2008 und 2009 Stipendiatin eines von der EQUA-Stiftung initiierten Forschungsprojekts, das 2010 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) weiter gefördert wurde. Seither wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Markus A. Denzel für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Leipzig.
Welche Erkenntnisse Ihrer Forschungsarbeit sind Ihnen am wichtigsten?
Wesentlich war für mich, wie konsequent und rational Familiengesellschaften in Nürnberg und Augsburg in der Frühmoderne der Nachhaltigkeit, der Kontinuität und dem langfristigen ökonomischen Erfolg verpflichtet waren. Zur Durchsetzung dieser Ideale dienten eine ganze Palette von Strategien. Grundlegend war die exzellente Ausbildung in der eigenen Familiengesellschaft und im Ausland, die sowohl ökonomisches Wissen als auch ethisch-soziales Rüstzeug sowie den Spracherwerb umfasste. Die Gesellschafter boten den Unternehmen durch Satzungen und Verträge eine auf Nachhaltigkeit und Langlebigkeit verpflichtete normative Basis, die den Idealen der Friedenswahrung in der Familie sowie Ehrbarkeit, Zuverlässigkeit und Kompetenz des Einzelnen galt. Konflikte wurden durch generationenübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit vermieden, etwa im Rahmen obligatorischer Versammlungen zum direkten Austausch der Generationen und aller Gesellschafter.
Gab es dennoch Streit, wählten die Gesellschafter als erste Maßnahme die Mediation. Die Vermittler wurden aus der Familie berufen, während Dritte nur zum Zuge kamen, wenn jene keinen Erfolg hatten. Entscheidend war stets, die Familiengesellschaft in ökonomischer und ethischer Hinsicht zu stützen und zu sichern. Für Gesellschafter stand die langfristige Sicherung des Unternehmens lebenslang an erster Stelle, eine Haltung, die Ihren letzten Niederschlag in testamentarischen Verfügungen fand, in denen die Nachfolge verbindlich geklärt werden sollte.
Wovon profitieren Familienunternehmen am meisten? Was gehört in die Umsetzung?
Die nachhaltige ökonomische und soziale Sicherung des Familienunternehmens beruhte auf rechtlich und ethisch bindenden Gesellschaftsverträgen sowie auf regelmäßigen Versammlungen aller Gesellschafter und Mitarbeiter. Beide Maßnahmen sollten unverändert maßgeblich und obligatorisch für Familienunternehmen sein. Im Konfliktfall hat sich die Vermittlung durch besonders vertrauenswürdige, kompetente Gesellschafter als sehr förderlich erwiesen. Insofern sollten von vornherein bestimmte Gesellschafter für diese Aufgabe ausgewählt und aufgebaut werden. Schließlich ist auch die juristisch eindeutige Nachfolgeregelung durch Testamente für den Bestand von Familienunternehmen unerlässlich.