Historie
Zwei anspruchsvolle Vorläufer
Seinen Wurzeln treu geblieben
Meilensteine unserer Geschichte
Das unternehmermagazin war von 1953 bis 2001 fast ein halbes Jahrhundert lang das bundesweite Organ der »Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer« (ASU) und des »Bundesverbandes Junger Unternehmer« (BJU), seit 2007 »Die Familienunternehmer – ASU« und »Die Jungen Unternehmer« (BJU), beide Berlin. Die Verbände blicken auf eine reiche publizistische Vergangenheit zurück. Von Anfang an wurden eigene Zeitschriften betrieben, die es wegen ihrer wirtschaftspolitischen, intellektuellen Substanz zu allgemeiner Anerkennung brachten. Im Jahr 1951 wurde »Die Aussprache« der ASU gegründet, 1953 folgte die »Junge Wirtschaft« des BJU. Beide Periodika wurden 1980 unter dem Titel »Unternehmer« zusammengeführt, der dann 1990 zum unternehmermagazin wurde. Die hier wiedergegebenen Dokumente vermitteln einen Eindruck von der damaligen Diktion.
1951
»Die Aussprache«, 1951
Im Jahr 1951 wurde »Die Aussprache« der ASU gegründet
1953
»Junge Wirtschaft«, 1953
1953 folgte die »Junge Wirtschaft« des BJU
1980
»Unternehmer«, 1980
Beide Periodika werden 1980 unter dem Titel »Unternehmer« zusammengeführt
1990
»Unternehmermagazin«, 1990
»Unternehmer« wird 1990 zum »Unternehmermagazin«
Eine Zeitschrift wie keine andere. Die wichtigsten Akteure der Wirtschaft
Unabhängig und überparteilich. Unternehmertum im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft
Die Aussprache
Erster Jahrgang, Heft 1
Das erste Editorial
»Die Aussprache«, deren erste Nummer Ihnen hiermit übergeben wird, soll dazu dienen, solche Beispiele zu bringen. Tatsachen des betrieblichen Geschehens sollen in einem größeren Kreis bekannt gemacht und Erfahrungen ausgetauscht werden. Was aus diesen Blättern wird, hängt letzten Endes davon ab, dass die Unternehmer sich zur Mitarbeit bereit finden. Die Arbeitsgemeinschaft erhofft daher von ihren Mitgliedern, dass sie uns Tatsachenmaterial über das betriebliche Geschehen zur Verfügung stellen.
Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft fordert die Mitglieder auf, der Geschäftsstelle laufend das Material zur Verfügung zu stellen, das sich zur Bekanntgabe eignet. Sie selber werden den größten Nutzen daraus ziehen. Nur so können diese Blätter das werden, was jeder sucht: Ein Ausspracheorgan für den Unternehmer.
Für den Vorstand gez.: E. Schleifenbaum
Die Aussprache
Erster Jahrgang, Heft 12
Wer ist Unternehmer?
Auszug einer Rede auf einem stark besuchten Aussprachetreffen des Arbeitskreises Bayern der ASU in München am 10.12.1951.
Junge Wirtschaft
Erster Jahrgang, Heft 1
Geist der jungen Generation
Schon wieder eine Zeitschrift? werden Sie fragen. Mit Recht! Denn die Flut der Publikationen ist unübersehbar geworden. Trotzdem haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, gerade in dieser Flut vielfältiger Ansichten und Anschauungen unseren Standpunkt zu behaupten und unsere Meinung zu vertreten. Wer sind »wir?« werden Sie fragen. Wir sind die junge unternehmerische Generation, die sich in den »Jungen Unternehmern der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer«, in den »Juniorenkreisen der Industrie- und Handelskammern« und in den Arbeitgeberverbänden zusammengefunden hat, um Grundlagen einer gesunden Volks- und Betriebswirtschaft zu erarbeiten, eine Brücke zwischen den Sozialpartnern zu schlagen und mitzuhelfen, eine neue, allen Teilen gerechte, Wirtschaftsordnung zu schaffen. […]Unsere Grundhaltung zu den Problemen unserer Zeit spiegelt sich in der »Jungen Wirtschaft« wider. Das Neue daran ist, daß hier nicht über den führenden Menschen in der Wirtschaft gesprochen wird, sondern daß der in der wirtschaftlichen Verantwortung stehende Mensch selbst zu den vielfältigen Fragen Stellung nimmt und seinen Standpunkt vertritt. […]
Erwin Pfister
Junge Wirtschaft
Erster Jahrgang, Heft 1
Die gemeinsame Leistung
Hans Joseph Schneider 1. Vorsitzender der Jungen Unternehmer in der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer e.V.
Junge Wirtschaft
Erster Jahrgang, Heft 9
Am Rande des Kanzlerbesuchs
owb.
Junge Wirtschaft
Übernehmt politische Verantwortung
Gerade im jetzigen Zeitpunkt scheint mir der schon seit jeher ausgesprochene Ruf nach Mitarbeit verantwortungsbewußter junger Unternehmer wieder akut! Vor allem ist er deswegen so sehr aktuell, weil auf Grund der außenpolitischen Entwicklung nunmehr die Wiedervereinigungspolitik in ein aktiveres Stadium treten muß. Es dürfte feststehen, daß all jene schwierigen bei der Wiedervereinigung auftretenden Probleme im wesentlichen unsere Generation zu lösen haben wird. Wir werden uns auf Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte nach dem Tag X damit auseinanderzusetzen haben, wie die in ihrer sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung völlig auseinanderstrebenden Teile Deutschlands wieder organisch zusammengebracht werden können. […] Hier kommen Aufgaben auf uns zu, auf die wir uns vor allem menschlich vorbereiten müssen. Ich meine, eine gute Schule dafür ist die politische Betätigung in unserer parlamentarischen Demokratie. Wir brauchen ja nicht sofort nach einem Bundestagssitz zu streben. Dies ist nicht nur unnötig, sondern sogar falsch. Notwendig aber ist die Übernahme politischer Verantwortung, nicht mit dem Antrieb vom Interessentenstandpunkt her, sondern aus dem Bewußtsein heraus, gerade als Unternehmer im besonderen Maße seinen Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten.
Die unternehmerische Aufgabe ist nicht mit der Führung des Unternehmens erschöpft. Das sollten wir doch endlich erkannt haben. Laßt uns jetzt daraus Konsequenzen ziehen und bereit sein, auch unseren Beitrag für die Gestaltung unseres staatlichen Lebens zu leisten. Mit Diskussionsbeiträgen bei Verbands-Versammlungen, am Stammtisch oder beim Neujahrsempfang der örtlichen Industrie- und Handelskammer ist diese Aufgabe nicht erschöpft. […] Wir sollten daher mehr als bisher bereit sein, in dem von uns überschaubaren Raum politische Verantwortung zu übernehmen.
Dieter Fertsch-Röver
Junge Wirtschaft
Vierter Jahrgang, Heft 3
Ein neuer Unternehmertypus?
Innerbetriebliche Information eine der Hauptaufgaben des jungen Unternehmers
Vor wenigen Wochen wurde auf einer Pressekonferenz in Frankfurt über den Begriff »junger Unternehmer« diskutiert. Dabei ergab sich auch die Frage, inwieweit der junge Unternehmer »anders« sei oder sein wolle als die ältere Unternehmergeneration. […] Die heute heranwachsende und in Tätigkeit befindliche Unternehmergeneration sieht neben ihrer wirtschaftlichen Aufgabe auch eine staatspolitische. Sie macht sich Gedanken darüber, was zu unternehmen sei, damit die Leiter von Unternehmen zu einer staatserhaltenden Gesellschaftsschicht werden. […]
Junge Wirtschaft
Neunter Jahrgang, Heft 9
Der Weg der großen Parteien
Gedanken eines Durchschnittswählers
In dieser Situation ist diejenige Partei im Vorteil, die im Parlament die Mehrheit hatte und die Regierung bildete. Sie kann man an ihren Taten erkennen. Wenn die Prüfung dessen, was sie getan hat, nur einigermaßen zufriedenstellend ausfällt, dann wird man kaum das Risiko eingehen wollen, es mit einer anderen Mannschaft, deren wirkliche Absichten und innere Kräfteverhältnisse man nicht kennt, noch besser machen zu wollen.
So sieht es bei uns aus, und es ist darum zu erwarten, daß die absolute Mehrheit der CDU/CSU erhalten bleibt, daß die FDP Stimmen gewinnen wird, daß aber der SPD eine erneute Niederlage bevorsteht. Können wir uns uneingeschränkt darüber freuen, wir als jüngere Generation in der Wirtschaft? Wir freuen uns nicht, denn wir sind wie viele Menschen in unserem Lande – vor allem Menschen der jüngeren Generation – theoretische Superdemokraten. Wir meinen »grundsätzlich«, Ablösung wäre einmal ganz gut. Immer Regieren und ewige Opposition sind gleichermaßen verderblich. »Theoretisch« wäre ein Wechsel richtig, aber eben nur theoretisch, denn in der Praxis sind auch wir mit dem geringeren Übel ganz zufrieden. Auch für uns gibt es keine ideale Partei. Wir lieben die FDP, wir wählen die CDU, wir kokettieren mit der SPD. Die Außenpolitik Adenauers, die liberalen Grundsätze der FDP und die Restbestände revolutionären Geistes der SPD, das wäre unser Fall. Die CDU ist als große, umfassende Sammlungsbewegung der bürgerlichen Mitte, der »braven« Teile unseres Volkes, ein Garant der Solidität, der Stabilität. Sie wäre das nie geworden, was sie ist, wenn sie nicht einen Politiker hervorgebracht hätte, der etwas von Politik versteht, der – demokratisch gewählt – wie ein Souverän regiert.
Johann Philipp Freiherr von Bethmann
Die Aussprache
Elfter Jahrgang, Heft 5/6
links: Prof. Dr. Ludwig Erhard
Die Chance des selbständigen Unternehmers
Ich möchte allerdings gleich mit aller Deutlichkeit hinzufügen, dass diese Aufgaben nur dann glücklich bewältigt werden können, wenn das deutsche Unternehmertum auch in den vor uns liegenden Jahren über Persönlichkeiten verfügt, deren Handeln durch Wagemut, Zielstrebigkeit und Können bestimmt wird, deren Haltung zugleich aber auch die Verpflichtung gegenüber den aus dem Ganzen erwachsenden Pflichten erkennen lässt.
Zu dem Ja, das auf meiner Überzeugung gründet, zu dem Ja, das aus der Vielfältigkeit der großen Zukunftsaufgaben erwächst, muss also auch das Ja des selbständigen Unternehmers kommen. Ohne die rückhaltlose, das Risiko nicht scheuende Bejahung seiner Aufgabe würde er sich seiner Chancen selbst begeben. Deshalb müssen sich mein Bekenntnis zur Unternehmungswirtschaft und der klare Wille der selbständigen Unternehmer zum unternehmerischen Tun zu einer dynamischen Ordnungskraft verbinden.
Nun zu der Frage, welche Chancen sich dem selbständigen Unternehmer morgen bieten werden. Die äußeren Bedingungen werden gleichbleibend günstig sein. Binnen-wirtschaftlich und außenwirtschaftlich. Die deutsche Wirtschaft wird in einer stetigen, wenn auch notwendiger – und richtigerweise in einer sich mehr und mehr differenzierenden Aufwärtsentwicklung unter voller Anspannung der Produktivkräfte bleiben. Dieser Trend wird, dessen bin ich ganz sicher, das nächste Jahrzehnt kennzeichnen. Unser Bruttosozialprodukt von heute knapp 300 Milliarden DM – eine Zahl, die 1950, als wir kaum 100 Milliarden DM erreichten, auch der größte Optimist nicht auszusprechen gewagt hätte – wird sich kontinuierlich erhöhen und in absehbarer Zeit nochmals verdoppeln. Entsprechend werden die Masseneinkommen steigen. Sie werden ein nie versiegender Quell potentieller Nachfrage sein, der sich das Angebot mit unternehmerischer Phantasie und den fast unbegrenzten Möglichkeiten moderner Technik elastisch anzupassen haben wird.
Genau so günstig sind die außenwirtschaftlichen Aspekte. Hier sind es vor allem zwei Faktoren, die die Chancen des selbständigen Unternehmers bestimmen werden: die Integration der Völker der westlichen Welt mit dem sich ankündenden Zusammenschluss zu einer atlantischen Allianz und zum zweiten der wirtschaftliche Fortschritt in den Entwicklungsländern, insbesondere Asiens und Afrikas. Beides bedeutet einen immer nachhaltigeren Abbau nationaler wirtschaftlicher Grenzen und Vorurteile und damit die Chance, im Zuge einer wachsenden internationalen Arbeitsteilung die Vorteile weltweiter Märkte zu nutzen. […]
Allein die zunehmende weltwirtschaftliche Verflechtung wird die Dynamik der Entwicklung garantieren. Eine Dynamik, in der es nur den ewigen Wechsel als beständigen Faktor geben wird. Solange aber alles in fließender Bewegung bleibt, solange bleibt auch der Boden für die unternehmerische Gestaltung fruchtbar. Und zwar gerade für den selbständigen Unternehmer, sofern er willens und fähig ist, seine Chancen zu sehen und zu nutzen. […]
Der Unternehmer von morgen wird nicht wenig dazulernen müssen, dann werden die Chancen, von denen ich sprach, keine Phantasiegebilde sein, sondern der Wagemut, die ursprünglichste unternehmerische Funktion, wird in einer kaum abzuschätzenden Renaissance eine neue Bedeutung erlangen. Die Erfüllung dieser Funktion verlangt allerdings vom heutigen Unternehmer ein wesentlich ausgeprägteres Gemeinbewusstsein. Wohlgemerkt, ich meine […] das Bewusstsein, im unternehmerischen Beginnen zugleich auch eine dem Allgemeinwohl dienende Aufgabe zu sehen.
Prof. Dr. Ludwig Erhard, Bundesminister für Wirtschaft
Die Aussprache
11. Jahrgang, Heft 9
Appell der ASU
Auf die Abschnürung Ostberlins und der Zone von der freien Welt hat die ASU wieder als erste Unternehmergruppe reagiert. In einer von der ASU veröffentlichten Erklärung wurde die Losung ausgegeben: Kein Besuch der Leipziger Messe! Jeder Unternehmer steht vor der persönlichen Frage, ob er geschäftliche Kontakte mit dem Ostblock noch verantworten kann! – Der Bundeswirtschaftsminister und die Spitzenverbände der Wirtschaft haben später die gleiche Linie eingenommen. In der Presse fand die ASU-Erklärung ein breites Echo.
Die Aussprache
11. Jahrgang, Heft 10
Freiheit Berlins – Unsere Freiheit
Es besteht zur Zeit kein Anlaß zu überstürzten wirtschaftlichen Aktionen. Der Auftragsbestand in West-Berlin ist ausreichend und sichert uns für mehrere Monate eine kontinuierliche Beschäftigung. Wir haben Zeit, in Ruhe zu überlegen! Staatliche Hilfsmaßnahmen […] werden zur Zeit sorgfältig beraten. […]
Wir würden den Namen Unternehmer zu Unrecht tragen, wenn wir uns mit Deklamationen zufrieden geben würden und nicht unsere persönliche Initiative, die mehr zustande bringt als jede staatliche Planung, voll in den Dienst der Sache stellen würden.
1. Jede Hilfe beginnt im eigenen Betrieb: Prüfen Sie bitte vor jeder Auftragsvergabe, ob Sie nicht wenigstens einen Teil davon in Berlin unterbringen können. Die Berliner Absatz-Organisation, eine Selbsthilfeeinrichtung der Berliner Wirtschaft, ist Ihnen beim Nachweis geeigneter Firmen behilflich.
2. Wenn Sie investieren, verlangen Sie, daß wenigstens ein Teil der Investitionsanlage aus West-Berliner Produktion stammt.
3. Unterstützen Sie bitte wenigstens psychologisch diejenigen Firmen und Arbeitnehmer, die den Wunsch haben, sich in Berlin niederzulassen. Versuchen Sie bitte nicht, diesen Menschen ihre Entscheidung wieder auszureden.
4. Stellen Sie persönliche Kontakte zu Berlin her. Besuchen Sie uns, so oft Sie es können. Berlin hat gute Hotels und ein gesundes Klima; es bietet Ihnen an kulturellen Ereignissen Anregung und Sammlung. Ein Besuch der neuen Deutschen Oper lohnt sich immer.
Junge Wirtschaft
Zwölfter Jahrgang, Heft 5
An ihren Versprechungen sollt Ihr sie erkennen…
Junge Wirtschaft
Fünfzehnter Jahrgang, Heft 1
Eigentum verpflichtet
Junge Wirtschaft
Sechzehnter Jahrgang, Heft 5
Ho-ho-hoffnungslos ist Opas Revolution
Studenten wissen leider nichts Neues
In Nordkarolina (USA) vereinten sich 1.500 Studenten einige Tage lang zu einem Sitzstreik, um eine Erhöhung der Stundenlöhne für die bei der Universitätsverwaltung beschäftigten ungelernten Arbeiter zu erzwingen. In Prag zogen 1.000 Studenten durch die Straßen, um ihre Sympathien mit einer Anti-Vietnam-Demonstration in New York zu bekunden, auf dem Eiffelturm hißten Studenten der Sorbonne die Vietcong-Fahne, dann führten sie Straßenschlachten mit der Polizei. In Bonn demonstrierten Studenten nach den aufgeregten Ostertagen verhältnismäßig friedlich gegen die geplanten Notstandsgesetze, die das Parlament seit nähezu zehn Jahren berät.
Junge Wirtschaft
Sechzehnter Jahrgang, Heft 7
Lehren aus dem heißen Mai
Stets lese ich die »junge wirtschaft« mit Interesse und teile im großen und ganzen ihre Betrachtungsweise, die erfreuliche Realität an den Tag legt. Auf Seite 199 der Nummer 6 fand ich die Stellungnahme zu den jüngsten Ereignissen an den Universitäten von Herrn Dietmar Rühl, unter dem Titel »Lehren aus dem Mai«. Er befassen sich leider nicht mit der Stellung der Kirchen, insbesondere der evangelischen Kirche. Bekanntlich gingen und gehen ja die Unruhen von einem bestimmten Kreis von Studenten aus. Mediziner und Naturwissenschaftler etwa beteiligen sich wenig an den Unruhen. In hohem Maße findet man unter den rebellierenden Studenten Soziologen, Politologen und Theologen.
Welche verhängnisvolle und bedauerliche Rolle in diesem Zusammenhang weite Kreise der evangelischen Kirche heute spielen, dürfte bekannt sein. Es scheint mir an der Zeit, […] auch auf die Mitwirkung kirchlicher Kreise hinzuweisen, insbesondere, daß von jener Seite geduldet wird, daß ihre Studenten und ihre Anträge die Entwicklung unterstützen bzw. bei dieser Entwicklung mitwirken.
Hans Viessmann, Allendorf
Die Aussprache
Neunzehnter Jahrgang, Heft 11
links: Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger
Foto: Darchinger
Finanzminister Alex Möller
Der jungen Ehe zwischen SPD und FDP sind keine Flitterwochen beschieden. Zu zahlreich sind die Probleme, die – hinausgeschoben von der wahlparalysierten Regierung – der Lösung harren. […] All das hat die Position eines Mannes in den Vordergrund gerückt: Auf den Finanzminister kommt es an. Daß Alex Möller es seinen Kabinettskollegen nicht leicht machen will, wurde bei der Frage der Anpassungszahlung für Rentner deutlich. Seine bisherige Haltung innerhalb der SPD-Fraktion ließ diese Härte erwarten, und es bleibt zu hoffen, daß Alex Möller auch in Zukunft die Solidität der Finanzen über kurzfristige, parteitaktische Erwägungen stellt. Die selbständigen Unternehmer setzen auf ihn. Selbst ein Mann aus der Wirtschaft, weiß auch er, daß eine freiheitliche Wirtschaftspolitik und eine solide Finanzpolitik entscheidend zur Aufrechterhaltung unserer marktwirtschaftlichen Ordnung beitragen. […] Doch gerade in der Frage »Mitbestimmung der Arbeitnehmer« hofft die ASU, daß die FDP als Koalitionspartner der SPD eher noch als die CDU/CSU dafür sorgt, daß nichts Übereiltes geschieht. […] Die selbständigen Unternehmer können dem wirtschaftspolitischen Programm der neuen Regierung recht weitgehend zustimmen, aber erst bei der Verwirklichung wird es sich zeigen, ob unser Goodwill gegenüber Karl Schiller und Alex Möller berechtigt war..
Sicher, Schillers Glaubwürdigkeit wäre noch gestärkt worden, hätte er wenigstens nach Abschluß der heißen Aufwertungsdebatte freimütig bekannt, daß auch er die konjunkturelle Entwicklung von 1968/69 falsch eingeschätzt hatte, und sein Sinneswandel vom Gegner der Aufwertung zu ihrem Befürworter zumindest um ein halbes Jahr zu spät gekommen ist.
Aber wenn der sprachschöpferisch überaus rege Karl Schiller inzwischen erkannt hat, daß Vertrauen in das Kräftespiel des Marktes besser ist als »Rationalität«, »Globalsteuerung« oder »Zielprojektion«, dann können auch die selbständigen Unternehmer eher Vertrauen in die Wirtschaftspolitik einer SPD/FDP-Koalition setzen, der auch die ASU unbefangen gegenübersteht – bereit zur Zusammenarbeit, bereit aber auch zur Kritik.
Junge Wirtschaft
18. Jahrgang, Heft 8
Inflation ist unsozial!
In der Bundesrepublik Deutschland grassiert das süße Gift der Inflation. Das Tempo, in dem sich inflationistisches Denken breit macht, ist erschreckend. Die Wachstumsfetischisten in der von der SPD geführten Regierung, vor allem in der Umgebung des Kanzlers, halten offenbar vier Prozent Geldentwertung in einem Jahr für wenig problematisch, »solange die Löhne kräftig über diesen Satz steigen.« […]
Die Regierung Brandt/Scheel hat in knapp 10 Monaten das große Maß an wirtschaftlichem Vertrauen, das ihr zu Beginn entgegengebracht wurde, durch ihre Politik der halbherzig geduldeten Geldentwertung in großen Brocken verspielt. […]
Die Vorstellung der Wachstumsfetischisten, permanente Inflation bringe weder gesellschaftspolitische noch politische Gefahren mit sich, wird sich als ein gefährlicher Irrglaube erweisen. Sie haben weder etwas aus der Geschichte des Geldes noch etwas aus den 69er Arbeiterunruhen in Frankreich, noch aus den wirtschaftlichen Problemen Englands gelernt.
Die Aussprache
21. Jahrgang, Heft 1
20 Jahre »Die Aussprache«
Wer die heutige AUSSPRACHE mit der vor zwanzig Jahren, als die erste Nummer erschien, vergleicht, wird großen Wandel bemerken. Ursprünglich war die AUSSPRACHE gedacht, eine breitere Öffentlichkeit am Geschehen im Unternehmen zu interessieren und unternehmerische Leistungen verständlich zu machen. […]
Die AUSSPRACHE sollte also den Charakter der Selbstaussage haben, und es sollten daher in erster Linie die Unternehmer selbst berichten, insbesondere über ihre sozialpolitischen Leistungen innerhalb des Betriebes, über Rationalisierungsmaßnahmen, Fragen der Personalführung, Fragen der betrieblichen Organisation. […]
Aber bereits gegen Ende des ersten Jahres zeigte sich, daß eine so gedachte Zeitschrift auf die Dauer nicht durchgehalten werden konnte, weil sich zu wenig Unternehmer fanden, die bereit waren, zu berichten und insbesondere auch termingemäß zu berichten. Es vollzog sich damit ein unvermeidlicher Wandel in der Richtung, allgemeine wirtschafts‑, finanz- und sozialpolitische Fragen, die Wissenschaft und Politik bewegten, vom Standpunkt des selbständigen Unternehmers zu behandeln. Das führte zu einer Begegnung mit der Wissenschaft, die insofern von Bedeutung war, als die Studenten als Schüler der Wissenschaftler die Stellungnahme ihrer Lehrer zu den akuten Problemen kennenlernten.
Die AUSSPRACHE wurde zu einem Organ, das immer stärker in den wissenschaftlichen Instituten und Universitäten, in den Seminar-Bibliotheken und den allgemeinen Universitätsbibliotheken Aufnahme und Beachtung fand. So schrieb vor etwa 1 1/2 Jahren die Universitätsbibliothek der Universität Bonn, daß die AUSSPRACHE im Zeitschriftenlesesaal die meist gefragte Zeitschrift sei.
Die AUSSPRACHE wurde somit zu einem Public Relations-Organ gegenüber der Wissenschaft und gegenüber den Studenten, was sicherlich wesentlich zum Verständnis des unternehmerischen Standpunkts beigetragen hat und was sich auch darin zeigte, daß sie sehr stark in der wissenschaftlichen Literatur zitiert wurde.
Aber nicht nur gezielt auf Universitäten und Hochschulen, sondern auch auf die Politik wurde die AUSSPRACHE gestaltet. Ungeklärte Probleme der Wirtschafts‑, Finanz- und Sozialpolitik wurden aufgegriffen. […] Das führte dazu, daß die AUSSPRACHE immer mehr in den Ministerien des Bundes und der Länder und der EWG-Kommission gelesen wurde. Die AUSSPRACHE wurde gleichsam zum politischen Anreger und Helfer bei der Entstehung und Erarbeitung von Gesetzesinitiativen.
Hier soll nur auf einige wenige Problemkreise hingewiesen werden, zu denen Anregungen oder Hinweise gegeben bzw. Forderungen gestellt werden. Im Kartellbereich wurde immer wieder auf die Kopflastigkeit des GWB hingewiesen, das die Kartelle hart anfaßt, Marktbeherrschungen und Konzentration wirkungslos behandelt. Immer wieder wurde in der AUSSPRACHE die Bedrohung des Wettbewerbs durch übermäßige Konzentration herausgestellt. Erstmalig in der Bundesrepublik wurden hier die hochbedeutsamen Ergebnisse der Arbeiten der Antitrust-Kommission des amerikanischen Senats veröffentlicht. Sie kam zu dem Ergebnis, daß Forschung und Entwicklung nicht so sehr in den Großbetrieben, sondern in der mittleren Wirtschaft ihre größte Effizienz und Innovation fanden.
Früher als von anderer Seite wurde in der AUSSPRACHE die Forderung nach Einführung der Mehrwertsteuer erhoben. Aktuelle Steuerprobleme (vor allem die Erbschaftsteuer) wurden immer wieder behandelt. Ein weiteres wichtiges Schwergewicht in der AUSSPRACHE war die Konjunktur- und Währungspolitik. Die kritischen, fundierten Stellungnahmen wurden fast ausnahmslos post festum bestätigt. Zu der schwierigen Problematik der Vermögensbildung wurden immer wieder neue Ansätze und Gedanken entwickelt. Als erste behandelte die AUSSPRACHE mit konkreten Vorschlägen die Frage der Kapitalbeteiligungsgesellschaften.
Mit einer gewissen Regelmäßigkeit wurde – um noch ein letztes Thema zu erwähnen – die Frage der Unternehmensnachfolge und die Frage der Unternehmerausbildung behandelt. Dies soll nur ein kurzer hinweisender Aufriß sein, der aber zeigt, daß durch Thematik und Art der Behandlung die AUSSPRACHE zu einer stark beachteten Zeitschrift auch für die Politiker wurde.
Die Aussprache
21. Jahrgang, Heft 12
Abschied von der »Aussprache«
Mit diesem Heft wird DIE AUSSPRACHE nach mehr als zwanzig Jahrgängen ihr Erscheinen einstellen. Anstelle von zwei Zeitschriften, die der ASU und BJU nahestehende Verlag Unternehmerwirtschaft herausgibt (AUSSPRACHE und JUNGE WIRTSCHAFT), soll eine neu gestaltete, einer neuen Redaktion anvertraute Zeitschrift treten, die den Titel JUNGE WIRTSCHAFT tragen soll und im Untertitel DIE AUSSPRACHE auch deren Erbschaft mit übernehmen soll.
Es werden sicher viele Leser bedauern, daß die AUSSPRACHE nicht mehr erscheinen soll. Sie seien aber damit getröstet, daß die neue Zeitschrift die Tradition der AUSSPRACHE dadurch fortsetzen wird, daß etwa 4–8 Seiten wissenschaftlich begründeten Abhandlungen vorbehalten sind, so daß dadurch der Dialog von Wissenschaft und Unternehmertum fortgesetzt wird. Die Leser der AUSSPRACHE erhalten damit die Gewißheit, daß sie das, was sie bisher in der AUSSPRACHE suchten, künftig auch in der neu gestalteten JUNGEN WIRTSCHAFT wiederfinden werden.
Junge Wirtschaft
21. Jahrgang, Heft 11
»Lernen, Leisten, Helfen«
Bundespräsident Dr. Gustav Heinemann hielt vor dem Bundesverband Junger Unternehmer (BJU) auf seiner Jahresversammlung am 19. Oktober 1973 in Augsburg eine Ansprache. Ihr sind folgende Auszüge entnommen: »Auch Unternehmer werden angefochten. Ich glaube, aber gerade Ihnen keinen Trost zusprechen zu müssen. Sie haben sich hier nicht zur bloßen Selbstbestätigung zusammengefunden oder zur Entgegennahme einer Erklärung, daß unsere Wirtschaftsordnung Ihrer bedarf. Sie gehören zu denjenigen Berufsgruppen, die sich auf ihren Tagungen nicht darauf beschränken, Forderungen an andere, an die Gesellschaft, zu stellen: Sie fangen bei sich Selbst an. Sie fragen sich selbst, Ihre Freunde und Gegner, wo Ihre besondere Aufgabe in unserer Gesellschaft liegt. Das finde ich sympathisch.«
»Die soziale Marktwirtschaft hat ihre Spielregeln. Sie erlaubt Gewinnstreben, bindet es aber an Leistungswettbewerb. Wo sich Unternehmer dem Leistungswettbewerb durch Abreden, durch Kartelle, entziehen, graben sie selbst das Grab der Marktwirtschaft. In dieser Beziehung ist bei uns viel gesündigt worden…«
»Im übrigen sollten wir nicht vergessen, daß die Marktwirtschaft weder als solche noch in ihrer derzeitigen Ordnung durch das Grundgesetz festgeschrieben ist. Andere Wirtschaftsformen oder Eingriffe in die Marktwirtschaft können nicht mit dem Grundgesetz abgewehrt werden, sondern nur durch den ständigen Erweis überlegener und am Gesamtinteresse der Gesellschaft ausgerichteter Leistung der Unternehmer.«
Junge Wirtschaft
22. Jahrgang, Heft 4
Falsch, gefährlich, reaktionär
ASU-Stellungsnahme zur Mitbestimmung
In der sich andeutenden Favorisierung des Montanmitbestimmungsmodells durch Kreise der Großindustrie sieht der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) e. V. erste Auswirkungen einer ordnungspolitischen Fehlentwicklung, wie sie zwangsläufig mit dem Kabinettsbeschluß zur Mitbestimmung vorprogrammiert ist: dem rechtzeitigen Arrangement und der Kollaboration mit der offenbar unaufhaltsam wachsenden Gewerkschaftsmacht. Die ASU distanziert sich nachdrücklich von dieser Form opportunistischer Meinungsanpassung. […]
Nicht fortschrittlich
Die ASU als Organisation der selbständigen Unternehmer hat bereits 1970 ein Mitbestimmungsmodell vorgelegt, mit dem sie sich konstruktiv für die Verwirklichung gesellschaftspolitischer Reformen ausgesprochen hat. Ihre Grundposition: Eine Mitbestimmungsregelung, die tatsächlich fortschrittlich sein soll, muß mehr Freiheitsrechte für den einzelnen bringen; sie muß die sterile Vorstellung von einer Polarität zwischen Kapital und Arbeit überwinden (Einführung eines eigenständigen dritten Faktors »Unternehmerische Leistung« oder »Disposition«); sie darf die Entscheidungs- und Funktionsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigen. Diesen Grundanforderungen einer fortschrittlichen Mitbestimmungsregelung wird die Regierungskonzeption nicht gerecht.
Antiquiertes Konzept
Bei aller Würdigung der erfolgten Klarstellungen und Korrekturen hält die ASU Ansatz und Zielvorstellung des beschlossenen Modells für ordnungspolitisch falsch und gefährlich. Was hier als Weg zu mehr Demokratie verkauft wird, ist tatsächlich gesellschaftspolitisch reaktionär: Dieses Modell ist nicht auf eine Dezentralisierung von Macht und ihre funktionsgerechte Einbindung ausgerichtet, sondern geht von einem antiquierten Konzept der Machtteilung aus, das allzu leicht in die Gefahr der Obermacht oder einer Machtkumpanei zu Lasten des Verbrauchers mündet; statt mehr Mitbestimmung für den einzelnen Arbeitnehmer bringt es vor allem eine Etablierung und Absicherung des organisierten Gewerkschaftsinteresses; es führt nicht in eine offenere Gesellschaft, sondern kann im Ergebnis nur neue Machtverkrustung, neue Bevormundung und zusätzliche Abhängigkeiten erzeugen. […]
Aber auch die Gewerkschaften, vordergründig die großen Gewinner dieses Modells, würden ihre Macht- und Ämterambitionen und ihr Drängen in die unternehmerische Position mit einem Verlust ihrer eigentlichen Funktion der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen und mit einer Einbuße an Glaubwürdigkeit bezahlen – zu teuer bezahlen. Ein dadurch entstehendes Vakuum könnte sich nach Auffassung der ASU als außerordentlich gefährlich erweisen, da es radikale Strömungen provoziert, die nur auf eine solche Krise der Gewerkschaften warten. Die Marktwirtschaft und unsere Gesellschaftsordnung brauchen funktionsfähige, glaubwürdige Gewerkschaften. […] In der jetzt beschlossenen Konzeption steckt der Ansatz zu einer Krise der Gewerkschaft und zu einer Krise der parlamentarischen Demokratie.
Junge Wirtschaft
22. Jahrgang, Heft 11
Gegen Mitbestimmungsgesetz
Der Gesetzentwurf ist – für alle – enttäuschend. Das Wahlverfahren ist ein Hohn auf demokratische Prinzipien. Die Arbeitnehmer werden nicht mitbestimmen, sondern von der Mitbestimmung ausgeschlossen sein. Wir Unternehmer können etwas Besseres, konstruktives durchsetzen: Mitbestimmung am Arbeitsplatz. […] -> Der einzelne Mitarbeiter muß durch die Mitbestimmung echte Mitwirkungs- und Mitgestaltungsrechte bekommen. Nur »erlebbare« Mitbestimmung trägt zur freieren Entfaltung seiner Persönlichkeit bei. -> Die Verfügungsgewalt im Unternehmen soll von den Mitarbeitern kontrolliert werden können, sie sollen wissen, daß es keine Willkür im Unternehmen gibt. -> Die Mitbestimmung soll bessere Entscheidungen im Unternehmen ermöglichen; sie muß die Effizienz, Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität der Wirtschaft erhalten, darf also nicht schwerfällig in der Durchführung sein. […] Der BJU hat einen Mitbestimmungsgrundsatz erarbeitet, der Grundlage hierfür sein kann. Er lautet: »An jeder Entscheidung im Unternehmen müssen alle von ihr betroffenen und zugleich an ihr interessierten Unternehmensangehörigen in dem Maße beteiligt sein, wie es dem Grad ihrer Betroffenheit und ihres Interesses entspricht.« […]
Der BJU-Grundsatz stellt eine deutliche Willenserklärung der Unternehmensleitung zu partnerschaftlicher Problemlösung dar. Er wird, wenn er im betrieblichen Alltag mit Leben erfüllt ist, einen starken Impuls auslösen auf die Mitarbeiter und die Vorgesetzten. […] Wenn wir auf funktionierende Mitbestimmung hinweisen können, legitimieren wir uns als Unternehmer, die Ideen nicht nur im Marketing- und Finanz‑, sondern auch im gesellschaftspolitischen Bereich haben.
Unternehmer
28. Jahrgang, Heft 1
(K)eine neue Zeitschrift
Prof. Dr. H. Joachim Krahnen Vorsitzender der ASU und Mitinhaber des Bankhauses Gebrüder Bethmann, Frankfurt/M.
Unternehmer
28. Jahrgang, Heft 1
links: Dr. Otto Graf Lambsdorff
Weder Prügelknaben noch Hätschelkinder der Nation
Unternehmer
28. Jahrgang, Heft 5
links: Prof. Dr. H. Joachim Krahnen
Subventionen und Programme
Unternehmer
30. Jahrgang, Heft 11
links: Bundeskanzler Helmut Kohl, ASU-Präsident Martin Leicht
Auf in den Wahlkampf
Nach 13 Jahren, in denen die Belastbarkeit der Wirtschaft getestet wurde, zerbrach die SPD/FDP-Koalition. Sie scheiterte an der Unfähigkeit, die drängenden Probleme des Landes zu lösen. Bonn hat eine neue Regierung. Aber es ist mehr als alle anderen Regierungen in der Demokratie eine Regierung auf Abruf
Die Neuwahlen im März sind ein schweres Investitionshemmnis. Viele sagen der Regierung Kohl/Genscher nach der Wende ein schnelles Ende voraus. Trotz des schwachen Starts und der steigenden Problemflut, trotz der Schwäche der FDP und der Offensive der SPD hat die neue Regierung eine realistische Wiederwahlchance: Entzöge der Wähler ihr das Mandat, drohten auch Bonn Hamburger und hessische Verhältnisse. Dann würde die Republik unregierbar. […] Die Regierung Kohl/Genscher kann nur Schritt für Schritt den engen Handlungsspielraum erweitern, den ihr die Regierung Schmidt/Genscher hinterlassen hat. Die wahlpolitischen und die schwierigen ökonomischen Bedingungen, unter denen die Regierung Kohl/Genscher angetreten ist, erklären manche Irritation.
Unternehmer
35. Jahrgang, Heft 7
Weiter in der alten Spur
Am 25. Januar 1987 hat der Wähler mit der Bundestagswahl die christlich-liberale Koalition bestätigt, die bis dahin vier Jahre lang zeigen konnte, worin die »Wende« von 1982, in deren Zeichen sie angetreten war, besteht. Es stellt sich heute die Frage, ob diese Wende nicht in der politischen Wirklichkeit nur ein Kreis war, ob nicht auch die neue Regierung auf altem Kurs segelt. […] Gemessen an den Ankündigungen und Erwartungen hat sich seit der »Wende« nicht viel Grundlegendes geändert: einige richtige Ansätze, ein paar notwendige Korrekturen, aber vor allem Verharren in der alten Spur. Das Ziel verblaßt und wird im politischen »Weiter so!«-Pragmatismus immer undeutlicher. Die Wende, so ist zu befürchten, endet im Kreisverkehr.
Unternehmer
38. Jahrgang, Heft 1
Unternehmerische Fähigkeiten!
Alle reden von Wirtschaftsreformen in der DDR. Selbständige Unternehmer wollen es jedoch nicht beim Reden belassen, sondern jetzt schnell und konkret etwas unternehmen. Das ASU-Präsidium reiste deshalb Anfang Dezember nach Dresden. Es nahm Kontakt auf zu Politikern und Wissenschaftlern und unterbreitete Vorschläge für Sofortmaßnahmen. […]
Die ASU stieß in Dresden auf große Zustimmung: Das erste Angebot, die Vermittlung von »Management-Praktika« stellt darauf ab, Betriebsleiter, die vom planwirtschaftlichen System mit seinen Zuteilungen, den detaillierten Kennziffern und den Planvorgaben eher in die Rolle von Verwaltem gedrängt worden sind, im alltäglichen Geschäft damit vertraut zu machen, wie untermehmerische Tätigkeit in einer Marktwirtschaft aussieht und wahrgenommen wird. Zweiter Schwerpunkt ist eine »Kooperations-Börse«, die von Bonn und Dresden aus Angebote und Nachfragen aufnimmt und die Vermittlung koordiniert. Gestartet wird im März mit einem »Informations- und Kontaktmarkt« in Dresden, bei dem westdeutsche Unternehmer mit Vertretern sächsischer Betriebe zusammenkommen.
Unternehmer
38. Jahrgang, Heft 1
links: Hans Mundorf
Ein Verbandsausflug in die Medienlandschaft
Das »Taschenbuch der Wirtschaftspresse« listet die in Deutschland erscheinenden Fach- und Wirtschaftszeitungen auf. Es ist beeindruckend, wie differenziert und wie intensiv das Bedürfnis der Branchen, Verbände, Interessenorganisationen und gesellschaftlichen Gruppen nach Selbstdarstellung in der Presse ist, oft genug in von ihnen selbst herausgegebenen Publikationen.
Diese Welt ist medienpolitisch unterbelichtet. Zwar reden alle vom Mittelstand, zumal die Politiker, doch der Mittelstand hat kaum ein Organ, um von sich selbst zu reden. Die Medien, die ihm gehörten, lässt er verkümmern. Beispiel: Die Zeitschrift der beiden ehemaligen Wachbataillone der mittelständischen Wirtschaft, der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer (ASU) und des Bundesverbandes Junger Unternehmer der ASU (BJU). Die Spitzenverbände der Wirtschaft und die Gewerkschaften brauchen kein Sprachrohr, sie müssen nur flüstern, um schon das Ohr der Politik zu erreichen, und es genügt ein Räuspern, um eine Regierung abzumahnen. Ihre Geschäftsführer sitzen zum Teil noch im Parlament, und sie entsenden ihre Experten in Regierungsämter: Der Bundeswirtschaftsminister war früher Führungskraft der Energiewirtschaft, sein Staatssekretär war Gewerkschaftsfunktionär. Die Spitzenverbände sitzen in Kommissionen, Arbeitskreisen und im »Bündnis für Arbeit«, kurz: in den vorparlamentarischen Gremien, in denen Gesetze entstehen. Auf ihren Versammlungen geben sich Kanzler und Kanzlerkandidaten die Ehre. In ihrem Strafraum wird nicht mehr gedribbelt. Hier fallen Tore.Die Fleischer, die Bäcker, die Landwirte, die Architekten, die Aktionäre, die Hoteliers und Ärzte, die Produzenten von Schnaps, Aluminium, Beton, Bitumen, Flüssiggas und Automobilen, die Banken und Sparkassen, die Zollbeamten, die Feuerwehrleute, die Polizisten, die Soldaten, die Dachdecker und Gerichtsvollzieher, die Handwerker, Vermieter, Feuerverzinker, Freiberufler, Führungskräfte und die Winzer, sie alle haben ihre Organe, die nachgefragten Nutzwert vermitteln, Probleme darstellen und vor allem Interessen vertreten. Wie aber artikuliert sich der selbständige Unternehmer, als eigentlicher Repräsentant der unternehmerischen Welt?
Die mittelständische Wirtschaft dagegen ist auf mediale Verstärker angewiesen, um überhaupt Gehör zu finden. Die selbständigen Unternehmer müssten ihre Interessen bündeln und unisono sprechen, um nicht nur getätschelt, sondern ernst genommen zu werden. Eine Regierung, die sich für Wachstum, Vollbeschäftigung und technischen Fortschritt haftbar machen lässt, braucht zur Steuerung der Wirtschaft zentrale Ansprechpartner, mit denen sie Bündnisse schließen kann – keine heterogene Masse selbständiger Unternehmer. Der BDI- oder BDA- oder DIHT-Präsident, der Vorsitzende der IG Metall oder von »ver.di«, der Vorstandssprecher der Deutschen Bank oder von Daimler/Chrysler, die Funktionäre der Wirtschaft also, das sind die Leute, die von den Funktionären der Politik gesucht und gefunden werden und mit denen sie sich verstehen.
Die ASU hat früher auch zum Kreis der von der Bundesregierung geladenen Spitzenverbände gehört. Das war zu der Zeit, als das Kartellgesetz noch Markenzeichen der deutschen Wirtschaftspolitik war, als die Konzentration von Unternehmen als tödliche Immunschwäche der Wirtschaft bekämpft wurde. Die ASU hat diesen ihren Sitz verloren. Heute wird die Konzentration der Unternehmen zu Mammutgebilden von Staats wegen organisiert, gibt es die Ministererlaubnis für Fusionen gegen Widerspruch des Bundeskartellamts und der Monopolkommission, wird der Handel von Beteiligungsrechten der Kapitalgesellschaften steuerlich begünstigt, werden Konzerne faktisch von der Körperschaftsteuer befreit, während die Steuerlast mittelständischer Unternehmen zumindest nicht leichter wird. Es ist inzwischen wieder wundervoll, groß zu sein.
Das Eigentum an den Produktionsmitteln wird demokratisiert. Man hat sein Stückchen Eigentum an der AG im Bankdepot, doch Kurs und Dividende sind die einzigen Bezüge zum Unternehmen, das der Verantwortung angestellter Großverdiener überlassen bleibt, die nach Belieben Unternehmensstücke global tauschen, verkaufen oder stillegen, die historischen Unternehmenszwecke ändern oder aufgeben und sich dabei schamlos bereichern. Der selbständige Unternehmer wird gesellschafts- und wirtschaftspolitisch zum Unikum. An seine Stelle tritt der Shareholder, kein Unternehmer, sondern ein Anleger auf der Suche nach Value.
Der selbständige Unternehmer verliert an Status und Statur, und mit ihm seine Verbände. Wer seine Sache schon verloren gibt, tritt auch nicht mehr für sie ein. Auf der Welle des Globalismus surfen Unternehmer nicht mit, sie sind die Opfer der Konzentrationsbewegung, nicht aber deren Akteure. Wenn sie in Konkurs gehen, dann ist das einen Zweispalter in der Lokalpresse wert, interessiert aber nicht einmal den Landtagsabgeordneten, geschweige die Landes- oder gar die Bundesregierung. Als Grabrede hören sie eine Vorlesung über das »Stirb und werde« in der Marktwirtschaft, während Konzerne mit Staatsbürgschaften künstlich wiederbelebt werden.
Zudem ist der typische Individualismus der Unternehmer organisationsfeindlich. Nur wenige von ihnen sind zum Sehen geboren und zum Schauen bestellt. Es fällt ihnen schwer, einen Verbandszweck zu begreifen und zu fördern. Die Geschichte der ASU/BJU-Zeitschrift »Der Unternehmer«, hervorgegangen aus »Die Aussprache« der ASU und »Die junge Wirtschaft« des BJU, war daher stets ein Kampf um die Finanzen. Er wurde letztlich auch verloren.
Diese Zeitschrift war der Versuch, ohne Beschränkung auf das Innenleben der beiden Herausgeberverbände, unter Verzicht auf die Imagepflege der Verbandshonoratioren in Wort und Bild Probleme selbständiger Unternehmer journalistisch anspruchsvoll darzustellen und aus einem Verbandsblatt eine eigenständige Zeitschrift mit beachtlicher Reichweite zu machen. Dieses Ziel ist wohl zu ehrgeizig.
Dass es überhaupt definiert werden konnte, war nur dem damaligen Hauptgeschäftsführer der ASU, Heribert Juchems, zu verdanken, der zugleich die undankbare Funktion des Chefredakteurs der Zeitschrift übernahm. Die Gremien sind ihm nach seiner Zeit nicht mehr gefolgt, die Finanzierung wurde eingestellt. Warum eigentlich?
Unternehmer
38. Jahrgang, Heft 6
Robuste Familienunternehmen
Die Ergebnisse der von Prof. Albach vorgelegten Studie »Generationswechsel und Unternehmenskontinuität« sind, soweit die Führungsstrukturen in Familien- und Nichtfamilienunternehmen gegenübergestellt werden, einleuchtend und interessant. Aus den objektiven Schwierigkeiten bei der Nachfolge aber zu schließen, daß das Familienunternehmen ausstirbt, halte ich für unzutreffend und unvernünftig. Unzutreffend, da die Betrachtung gescheiterter Übergaben nur die haIbe Wahrheit zeigt. Genauso entstehen immer wieder neue Unternehmen, die Familien gehören und von Angehörigen geleitet werden. […] Unvernünftig ist die Aussterbehypothese darüber hinaus, weil sie fatalistische Züge trägt. Es wird der Eindruck, erweckt Familienbetriebe müßten das Schicksal der Dinosaurier teilen: Auch die sind ausgestorben, und keiner konnte etwas dagegen tun. Hier liegt der Fall aber anders! Albach nennt ja gerade eine Reihe von Maßnahmen, die den erfolgreichen Übergang des Familienunternehmens auf die nachfolgende Generation fördern: Anpassung der Rechtsform, früher Übergang von Eigentum und Führung sowie die Einrichtung eines leistungsfähigen Beirats – um nur die wichtigsten zu nennen.
Wenn natürlich kein geeigneter Nachfolger in der Familie existiert, muß sich die Firma für eine familienfremde Geschäftsleitung öffnen. Aber ist das ein Grund zur Beunruhigung, für Weltuntergangsstimmung? Ich glaube nein. Mir scheint im Gegenteil die schrittweise Entkopplung von Eigentum und Führung der meisten Familienunternehmen auf Dauer ganz natürlich zu sein. […] Doch die typischen Stärken des Familienunternehmens entfalten sich vor allem in seiner frühen Lebensphase. Solche Stärken sind Originalität und Initiative des Gründers, seine Risikobereitschaft, die Begeisterungsfähigkeit der Mannschaft und die Flexibilität des Unternehmens.
Unternehmer-Magazin
46. Jahrgang, Heft 10
Worauf es jetzt ankommt
Warum drumherum reden: Ein Wunschergebnis ist das nicht. Umfragen zeigen, daß die überwiegende Zahl mittelständischer Unternehmer mit Skepsis und Befürchtungen auf den Ausgang der Bundestagswahl reagiert. […] Die inhaltlichen und personellen Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen werden das Bild klarer machen. Die politischen Köpfe haben gewechselt. Doch die Probleme bleiben. Deutschland steckt im Reformstau. Wir sehen die Herausforderung der Globalisierung und wissen, daß sie zur Gefährdung wird, wenn wir nicht beweglicher und wettbewerbsfähiger werden. Andere Länder haben früher Handlungsbedarf erkannt und Reformen umgesetzt. Sie ernten jetzt die Früchte, während wir weiter auf der Stelle treten, weil Reformbereitschaft, Mut oder auch die politischen Mehrheiten fehlten.
Auf die neue Regierung warten die alten Aufgaben: Rückführung der Millionen-Arbeitslosigkeit, Abbau der steuerlichen Überbelastung, Eindämmung der Staatsverschuldung, Grundüberholung der sozialen Sicherung, Rückbau des vor dem Kollaps stehenden Versorgungsstaats und erkennbare Fortschritte bei der Durchforstung der Überregulierung für einen »schlankeren« Staat. Das ist das Pflichtenheft, an dem die neue Regierung und die neue Koalition ihren Erfolg werden nachweisen müssen.